Online-Berichte über einen angeblichen Völkermord an Christen in Syrien am vergangenen Wochenende entbehren jeglicher Grundlage und könnten negative Auswirkungen auf die Christen in Syrien haben. Davor warnt das überkonfessionelle Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors.
Matthew Barnes, Sprecher von Open Doors für den Nahen Osten und Nordafrika, sagt, er habe entgegen einer Flut von Online-Meldungen und Posts in den sozialen Medien keine Beweise für einen größeren Angriff auf Christen in den letzten Tagen gesehen.
Die Behauptungen kursierten nach einer Welle der Gewalt in den syrischen Küstenprovinzen Latakia und Tartus, die am Donnerstag vergangene Woche begann. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden in den zwei Tagen der Gewalt über 1.000 Menschen getötet, darunter mehr als 700 Zivilisten. Alle Berichte deuten jedoch darauf hin, dass die getöteten Zivilisten fast ausnahmslos dem schiitisch-muslimischen Volk der Alawiten angehörten, das dem abgesetzten ehemaligen Präsidenten Baschar al-Assad weitgehend die Treue hält.
»Wir wissen, dass vier christliche Männer in der Region, in der die Gewalt stattfand, gestorben sind. Wir wissen, dass einer von ihnen von einer verirrten Kugel getroffen wurde. Und wir haben keine Beweise dafür, dass einer von ihnen wegen seines christlichen Glaubens getötet wurde. Dies ist sicherlich nicht mit einem »Massaker an Christen« gleichzusetzen«, erklärt Barnes.
Die Geschichte eines Massakers an Christen verbreitete sich am Wochenende. Die Menschen auf X und in anderen sozialen Medien reagierten verärgert auf die vermeintliche Vertuschung. »Warum gibt es keine Empörung darüber seitens der Regierung und der Mainstream-Medien?«, schrieb ein Poster. »Mehr als 1.000 Christen wurden seit Donnerstag getötet und niemanden interessiert es!« Andere sprachen von einem »Völkermord« an Christen im Land, über den nicht berichtet würde.
Matthew Barnes sagt über die möglichen Auswirkungen der zahlreichen Gerüchte:
»Ich bin sehr besorgt darüber, denn so etwas kann auf die Christen in Syrien zurückfallen. Als eine christliche Nichtregierungsorganisation (NGO) in Europa vor kurzem eine Klage gegen den neuen Präsidenten einreichte, lud die syrische Regierung einen Bischof der Konfession vor, der auch die NGO angehört. Er wurde gefragt, warum die Christen so gegen den Präsidenten seien. Die Lehre daraus ist, dass wir davon ausgehen müssen, dass alles, was in den Nachrichten oder auch den sozialen Medien steht, von Regierungen und anderen bewaffneten Gruppen gesehen wird. Und das kann schreckliche Auswirkungen auf die christliche Bevölkerung haben, die wahrscheinlich nichts mit den Gerüchten zu tun hatte.«
Er fügt hinzu, dass die Moral der Kirche durch die neuerliche Gewalt bereits beeinträchtigt wird – und das, obwohl nur sehr wenige Christen dabei zu Schaden gekommen sind.
Barnes weiter: »Viele Christen in der syrischen Mittelmeerregion haben Angst, dass die jüngsten Vorfälle eine neue Spirale der Gewalt auslösen könnten und dass sie ins Kreuzfeuer geraten. In den letzten Jahren sind Hunderttausende von Christen aus Syrien geflohen. Ich fürchte, wenn Gewalt wie diese alltäglich wird, werden wir einen weiteren großen Exodus erleben.«
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