Der Jemen ist das ärmste Land auf der Arabischen Halbinsel. Nach fünf Jahren Krieg ist vieles verwüstet und die Covid-19-Epidemie bedrängt die Einwohner. Christen geben hier einen Einblick in ihren Alltag.
Die Covid-19-Pandemie breitet sich auch im Jemen aus und lässt eine gesundheitliche Katastrophe befürchten. Christen teilen die gleichen miserablen Bedingungen wie ihre Landsleute, aber sie haben eine Unterstützung und Zuflucht bei Gott, die andere nicht kennen.
«Wir beten, dass der Herr Jesus uns von dieser Pandemie erlöst», sagt ein Christ, der zu seinem Schutz anonym bleibt. «Diese Situation hat uns ihm näher gebracht, aber sie hat uns auch einander näher gebracht. Wir verbringen mehr Zeit mit unseren Kindern, lehren sie das Wort Gottes und beten gemeinsam für die Rettung unseres jemenitischen Volkes», fügt er hinzu.
«Wir spüren Gnade»
Dieses Gefühl wird von vielen jemenitischen Christen geteilt, für die die Pandemie eine Gelegenheit ist, Gott näher zu kommen. Ein anderer jemenitischer Christ sagt: «Wir spüren seine Gnade. Viele Menschen klagen, weil sie sich zu Hause langweilen. Ich persönlich nutze diese Zeit um zu beten, um Gott nahe zu sein, weil er seine Kinder beschützt. Trotz dieser schwierigen Bedingungen haben wir das Gefühl, dass der Herr Jesus mit uns ist.»
Nasser (Name geändert) räumt ein, dass das Virus das Leben der bereits von allen Seiten bedrängten Bevölkerung im Jemen noch schwieriger macht. «Trotz allem glauben wir, dass es morgen besser sein wird und dass wir dank Gott diesen Sturm überstehen werden, indem wir unsere Ängste und Befürchtungen überwinden.»
Kranke gelten als Kriminelle
Ali, ein im Norden des Landes lebender Christ, stellt fest, dass in dieser von den Huthis kontrollierten Region Fehlinformationen grassieren. Die Zahl der Fälle ist wahrscheinlich viel höher als die offizielle Zahl. Laut Ali haben die Menschen Angst, Verdachtsfälle zu melden, weil die Huthi-Behörden die Infizierten verhaften und behandeln, als seien sie Kriminelle. Von vielen Menschen wird berichtet, dass sie krank oder sogar tot sind, ohne dass ihre Familien dies vernommen haben.
Bevölkerung lebt in ständiger Angst
Ein anderer im Norden des Landes lebender Christ, Shoki, bestätigt, dass die Menschen in der Region in ständiger Angst leben, sich mit dem Virus anzustecken und daran zu sterben: «Meine Nachbarn sind sehr besorgt und sehr beunruhigt. In sozialen Netzwerken spricht man nur über das Virus und über die Gefahren für die Menschen in der Umgebung einer infizierten Person. Dennoch ist mir aufgefallen, dass Christen ein Segen für all diese Menschen sind. In der Tat sind wir voller Hoffnung, und wir ermutigen diese Menschen.»
Das Fehlen einer Aufklärungskampagne und Präventionsmaßnahmen tragen zur raschen Ausbreitung des Virus im Jemen bei. Die Gläubigen versuchen ihr Bestes, um ihre Verwandten oder Nachbarn zu sensibilisieren. «Wir haben aufgehört, uns zu umarmen, um einander zu grüßen. Es ist mir etwas peinlich, weil ich normalerweise andere Frauen treffe und sie die Bedeutung der sozialen Distanzierung nicht verstehen», sagt eine christliche Mutter.
Hohe Dunkelziffer in jemenitischer Bevölkerung
Die Covid-19-Pandemie verschärft auch die durch fünf Jahre Krieg verursachte Wirtschaftskrise. Christliche Händler, wie Hassan, sind schwer betroffen. Dem jemenitischen Gesundheitssystem mangelt es an Infrastruktur und Medizin. Krankenhäuser weisen infizierte Menschen, die zur Behandlung kommen, ab. Kriegsbedingt sind auch andere Krankheiten (Malaria und Cholera) auf dem Vormarsch.
UN-Experten ziehen alarmierende Schlussfolgerungen über die Auswirkungen von Covid-19 im Jemen: Die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung könnte infiziert werden und 40.000 Menschen könnten ihr Leben verlieren. Bereits jetzt ist ein starker Anstieg der Bestattungsaktivitäten sichtbar. Allein in der Stadt Aden ist die Zahl der Todesopfer achtmal höher als üblich. Der Krieg forderte bereits Zehntausende von Menschenleben, meist Zivilisten, die internationale Gemeinschaft reagiert mit Gleichgültigkeit.
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